Behindertengerechter Umbau: Kosten dürfen nicht über mehrere Jahre verteilt werden

Wer seine Wohnung oder sein Haus behindertengerecht umbauen lässt, kann die Kosten hierfür in der Regel als außergewöhnliche Belastungen in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen. Begünstigt sind klassischerweise die Kosten für die Verbreiterung von Türen, Badvergrößerungen, den Einbau von Treppenliften und Rollstuhlrampen.


Da auch für außergewöhnliche Belastungen das sogenannte Abflussprinzip gilt, müssen die Aufwendungen regelmäßig komplett im Jahr der Zahlung steuerlich abgezogen werden. Bei sehr teuren und umfangreichen Baumaßnahmen führt diese Regelung dazu, dass sich die Kosten häufig nur teilweise steuermindernd auswirken, da sie lediglich den Gesamtbetrag der Einkünfte im Zahlungsjahr mindern und ein Restbetrag nicht, wie beispielsweise Verluste aus Gewerbebetrieb, auf andere Jahre vor- oder zurückgetragen werden kann.


Ein Ehepaar aus Baden-Württemberg hat kürzlich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) versucht, Kosten von 166.000 EUR für einen behindertengerechten Hausanbau über drei Jahre verteilt abzusetzen. Im Zahlungsjahr 2011 wollten sie 60.000 EUR als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt wissen, in den Jahren 2012 und 2013 jeweils die Hälfte des Restbetrags. Nachdem das Finanzamt die Kosten allesamt nur im Jahr der Zahlung angesetzt hatte und sie sich deshalb nur anteilig steuermindernd ausgewirkt hatten, begehrten die Eheleute eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen.


Hinweis: Nach der Abgabenordnung können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Billigkeitsmaßnahmen sollen Härten ausgleichen, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen.


Im Urteilsfall lehnte der BFH jedoch eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ab, weil der Komplettabzug im Zahlungsjahr den Wertungen des Einkommensteuergesetzes nicht widersprach. Wirken sich außergewöhnliche Belastungen im Zahlungsjahr nicht aus, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, den restlichen Betrag in einen anderen Veranlagungszeitraum zu übertragen. Der BFH verwies darauf, dass eine abweichende Steuerfestsetzung lediglich atypischen Ausnahmefällen vorbehalten und der vorliegende Fall nicht hierunter zu fassen ist.


Hinweis: Eine Verteilung der Baukosten auf Zeiträume außerhalb des Zahlungsjahres ist also in den allermeisten Fällen nicht möglich. Betroffene können hieraus den Schluss ziehen, dass sie behindertengerechte Umbauten – wenn möglich – über mehrere Jahre verteilt vornehmen (und bezahlen) sollten. Bei größeren Baumaßnahmen kann es sich steuerlich anbieten, sie über den Jahreswechsel anzusetzen, so dass Handwerkerrechnungen über zwei Veranlagungszeiträume verteilt bezahlt werden können und ein Kostenabzug so zumindest über zwei Jahre verteilt vorgenommen werden kann.

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zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 11/2017)

Source: Mandanten-Infos