Verfahrensrecht: Kein Anspruch auf Erlass von Zinsen wegen einer Bearbeitungsdauer von 13 Monaten
Wenn Sie Ihre Steuererklärung spät abgegeben haben und das Finanzamt dann mit der Bearbeitung auch noch einige Zeit braucht, werden mit dem Steuerbescheid nach Ablauf von 15 Monaten seit Ende des Veranlagungszeitraums Zinsen festgesetzt – und zwar sowohl für Erstattungen als auch für Nachzahlungen. Ärgerlich ist es insbesondere, wenn eine Nachzahlung zu leisten ist, weil das Finanzamt den Bescheid erst sehr spät erlässt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) musste nun entscheiden, ob auch dann Zinsen festgesetzt werden dürfen, wenn die übliche Bearbeitungsdauer des Finanzamts überschritten wird.
Geklagt hatte ein Ehepaar, das im Jahr 2012 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Für die Kläger wurden Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2012 teilweise gesondert und einheitlich festgestellt. Die diesbezügliche Mitteilung erhielt das Finanzamt am 08.04.2014. Die festgesetzte Einkommensteuer wurde infolgedessen mit Bescheiden vom 05.05.2015 geändert und es wurden Zinsen festgesetzt. Die Kläger beantragten daraufhin einen Zinserlass für den Zeitraum, der über die übliche Bearbeitungsdauer von sechs Monaten hinausging. Das Finanzamt gab dem Antrag nicht statt.
Auch das FG gab den Klägern nicht recht. Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis – eben auch Nachzahlungszinsen – können ganz oder teilweise erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über den Erlass von Nachzahlungszinsen liegt im Ermessen des Finanzamts und unterliegt somit nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Das Gericht kann daher lediglich prüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist – und das war hier nicht der Fall.
Eine Steuernachzahlung muss verzinst werden. Dadurch soll ein typisierter Ausgleich für die durch den verspätet erlassenen Steuerbescheid entstandenen Liquiditätsvorteile oder -nachteile erfolgen. Bearbeitet das Finanzamt einen Steuerfall verzögert, so ist dies nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig kein sachlicher Billigkeitsgrund. Eine Bearbeitungszeit von 13 Monaten ist nicht zu lang, wenn man bedenkt, dass die gesetzliche Frist 15 Monate beträgt und diese auch nicht als nicht unangemessen betrachtet wird.
Hinweis: Erst aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde wurde die Revision zugelassen. Der Bundesfinanzhof muss nun entscheiden, ob der Zinssatz von 0,5 % für jeden Monat im Streitjahr 2012 verfassungswidrig ist und daher zu hoch festgesetzte Zinsen zu erlassen sind.
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(aus: Ausgabe 01/2018)
Source: Mandanten-Infos