Haftung des GmbH-Geschäftsführers: Wann auch falsche Bescheide zu begleichen sind

Die Haftung für Steuerschulden ist eine komplizierte Sache. Die Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für die Steuerschulden seiner GmbH ist zuweilen noch eine Stufe komplizierter, wie ein kürzlich vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) entschiedener Fall gezeigt hat: Hier ging es um den Fall einer – mit einer GmbH vergleichbaren – Limited britischen Rechts, die in Deutschland tätig war. Nachdem das Geschäft wegen diverser Urheberrechtsverletzungen eingestellt und der Geschäftsführer zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war, kam für ihn ein weiteres großes Problem hinzu.


Da keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen eingereicht worden waren, nahm das Finanzamt basierend auf dem Fragebogen zur Existenzgründung an, dass ca. 80.000 EUR Umsatz anfallen sollten. Entsprechend schätzte es für die abgelaufenen Zeiträume Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen von insgesamt knapp 30.000 EUR. Für diesen Betrag nahm es den ehemaligen Geschäftsführer mit einem Haftungsbescheid in Anspruch. Dieser hätte in seiner damaligen Funktion nämlich dafür sorgen müssen, dass die Steuern entweder beglichen oder in richtiger Höhe angemeldet und dann beglichen werden.


Da Vorauszahlungen bei der endgültigen Veranlagung korrigiert werden, hatte der nun klagende Ex-Geschäftsführer die Schätzung der Vorauszahlungen ignoriert. Juristisch spricht man in solchen Fällen von „formell bestandskräftigen“ Steuerbescheiden, die „materiell-rechtlich abgeändert“ werden können. Auf diese Abänderbarkeit berief sich der ehemalige Geschäftsführer, der wegen beschlagnahmter Unterlagen materiell-rechtlich aber nicht mehr handeln konnte.


Das ließ das FG jedoch nicht gelten, weil es sich um zwei verfahrensrechtlich unabhängige Vorgänge handelte:

  1. einerseits um die Haftung wegen Steuerschulden, die als Grundlage nun einmal einen Steuerbescheid haben, egal ob dieser änderbar ist oder nicht,
  2. und andererseits um materielles Recht, nach dem der Steuerbescheid möglicherweise falsch ist und geändert werden könnte.

Die Haftung und die Fragen der Vollstreckung interessieren bei solchen materiell-rechtlichen Fragen jedoch nicht. Denn das würde den Verwaltungsapparat völlig durcheinanderbringen und dauerhaft lahmlegen. Die Klage gegen den Haftungsbescheid wurde daher abgewiesen. Trotz der materiell-rechtlichen Abänderbarkeit musste der ehemalige Geschäftsführer die in unrichtiger Höhe festgesetzten Steuerschulden bezahlen.

Information für: GmbH-Gesellschafter/-GF
zum Thema: übrige Steuerarten

(aus: Ausgabe 04/2016)

Source: Mandanten-Infos